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Versuch einer postkolonialen Perspektive auf das Symposium des Euro-Arabischen Dialogs 1983 in Hamburg

Programmflyer für das Symposium (Staatsarchiv Hamburg, 131-1 II_6118, Az. 300.35-66, Bd. 1, Anhang 4)

Häufig ist zu hören, dass interkulturelle Dialoge eine der wenigen wirklich aussichtsreichen Möglichkeiten seien, um diskriminierende Vorurteile abzubauen.[1] Vgl. dazu z.B. RIVIÈRE, KUTUKDIJAN und CORBETT: Unesco World Report, S. 45-51. In ihnen könne man den vermeintlich Fremden als Individuum jenseits von z.B. zum Zwecke kolonialer Herrschaft oktroyierten Kategorien erkennen und so seine generalisierenden Vorurteile mit der spezifischen Realität konfrontieren. Vor diesem Hintergrund wird im Folgenden das Symposium des Euro-Arabischen Dialogs im Jahre 1983 in Hamburg daraufhin untersucht, inwiefern es dort tatsächlich zu einer Verständigung zwischen verschiedenen Kulturen gekommen ist bzw. umgekehrt inwiefern dort koloniale Machtstrukturen reproduziert wurden. Abschließend wird dabei auch darauf eingegangen, inwiefern interkultureller Dialog in dieser institutionalisierten Form überhaupt in diesem Sinne erfolgreich sein kann.

Der Euro-Arabische Dialog

Um für die nachfolgende weiterführende Diskussion eine Grundlage zu schaffen, wird im ersten Schritt das Symposium kurz vorgestellt und in seinen historischen Kontext eingebettet. Dafür ist es hilfreich mit einer Einführung in die Institution des Euro-Arabischen Dialogs (EAD) zu beginnen und dann später auf das Hamburger Symposium selbst zu sprechen zu kommen. Der EAD wurde offiziell am 31. Juli 1974 in Paris als ein Konferenzsystem initiiert, dessen offizielles Ziel es war, Wege zu erforschen, eine interregionale Partnerschaft zwischen dem europäischen und dem arabischen Raum zu etablieren.[2]TAYLOR: „The Euro-Arab Dialogue“, S. 431f. Die europäische Seite bestand dabei aus den neun damaligen Mitgliedern der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), die arabische aus den 20 damaligen Mitgliedern der Arabischen Liga (AL). Beide Seiten wurden zu Beginn im Wesentlichen von den Außenminister:innen der jeweiligen Mitgliedsstaaten repräsentiert. Der EAD als Institution setzte sich aus einem Generalkomitee und mehreren Arbeitskomitees zusammen, wobei es Aufgabe der aus Expert:innen bestehenden Arbeitskomiteeswar, mögliche Gebiete der Zusammenarbeit zu definieren und auszuarbeiten. Im Anschluss daran sollte das aus Botschafter:innen der AL und der EWG bestehende Generalkomiteedie konkrete politische Umsetzbarkeit dieser Vorschläge evaluieren. Die Ausführung der Vorschläge sollte dann den Außenminister:innen der beteiligten Staaten obliegen. Im Jahre 1975 wurde je ein Arbeitskomiteezu den sechs folgenden Themen gebildet: Industrialisierung, Infrastruktur, Landwirtschaft, finanzielle Zusammenarbeit, Handel und Fragen der Wissenschaft, Technologie, Kultur, Arbeit und Gesellschaft.[3] Staatsarchiv Hamburg, 363-6_182, Az. 0-042.20/1, Bd. 1.

Um das neun Jahre nach der Gründung stattfindende Symposium weiter in seinen historischen Kontext einzubetten, ist es hilfreich im Folgenden kurz auf die wirtschaftliche und politische Motivation des EAD sowie dessen Erfolg einzugehen. Die beiden Räume standen in engen wirtschaftlichen Beziehungen. – Fast 70% der Erdölimporte der EWG stammten aus arabischen Staaten und umgekehrt machten Importe aus Westeuropa damals 44% aller Importe von arabischen Staaten aus. Allerdings hatten sich die Beziehungen zu Beginn der 1970er Jahre als fragil und keineswegs krisensicher erwiesen. Es ist durchaus plausibel, den EAD als Maßnahme zur Stabilisierung der europäisch-arabischen Beziehungen und zur Prävention weiterer Krisen zu lesen. Konkreten politischen Anstoß gab der vierte arabisch-israelische Krieg im Oktober 1973.[4] Staatsarchiv Hamburg, 131-1 II_6118, Az. 300.35-66, Bd.1, Anlage 6. Da sich zumindest einige westliche Staaten deutlich auf die Seite Israels gestellt und auch finanzielle Unterstützung geleistet hatten, verhängte die Organisation der arabischen Erdöl-exportierenden Staaten ein Ölembargo. Dies hatte zur Folge, dass sich der durchschnittliche Ölpreis bis zum Ende des Embargos im März 1974 vervierfachte.[5] PAINTER: „Oil and Geopolitics“, S. 190. Der EAD sollte also vor allem die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen dem arabischen und dem europäischen Raum stärken, gleichzeitig aber auch einer Annäherung der beiden Räume auf politischer, sozialer und kultureller Ebene Vorschub leisten.

Insgesamt kam das Generalkomitee in den 1970er Jahren allerdings lediglich viermal zusammen.[6]ALBINYANA und FERNÁNDEZ: „From the Euro-Arab Dialogue to a Euro-Arab Summit”, S. 257. Neben einer ganzen Reihe von weiteren Unstimmigkeiten war der Israel-Palästina-Konflikt im Verlauf des EAD immer wieder einer der Gründe, weshalb der EAD keine wirklichen Resultate hervorbrachte: Zum einen forderte die AL ein klares Bekenntnis der EWG zum Recht der Palästinenser:innen auf einen eigenen Nationalstaat und zur Palästinensischen Befreiungsorganisation (engl. Palestine Liberation Organization, PLO) als rechtmäßiger Vertreterin der Palästinenser:innen. Da die EWG bezüglich dieser Frage gespalten war, blieb ein solches Bekenntnis insbesondere zu letzterem Punkt immer aus.[7]TAYLOR: „The Euro-Arab Dialogue“, S. 433. Zum anderen führten Entwicklungen im Israel-Palästina-Konflikt auch zu Spaltungen in der AL. Als Ägypten im Jahre 1979 einen Friedensvertrag mit Israel schloss, wurde es bis zum Jahre 1989 aus der AL ausgeschlossen. Auch wenn der EAD offiziell erst 1990 mit Beginn des zweiten Golfkrieges eingestellt wurde, bedeutete der Ausschluss Ägyptens de facto auch die Einstellung der Verhandlungen zu engeren wirtschaftlichen Beziehungen im Zuge des EAD.[8]ALBINYANA und FERNÁNDEZ: „From the Euro-Arab Dialogue to a Euro-Arab Summit”, S. 257.

Das Hamburger Symposium 1983

Nachdem der historische Kontext des Hamburger Symposiums dargestellt wurde, kann nun das Symposium an sich besprochen werden. Unter dem Titel „Symposium über die Beziehungen beider Kulturen“ fand im Hotel Atlantik in Hamburg vom 11. April 1983 an eine fünftägige Konferenz statt. Zunächst soll deren Ablauf kurz skizziert werden. Die Planungen für ein Symposium zum kulturellen Austausch der beiden Regionen hatten bereits 1978 begonnen. Durch den Austritt Ägyptens aus der AL verzögerte sich die Realisierung jedoch um vier Jahre. Entsprechend steht das Symposium symbolisch auch für den Versuch einer Wiederaufnahme des Dialogs und ist zudem die erste vom EAD erfolgreich durchgeführte Veranstaltung.[9]Vgl. dazu Begleitheft zur Ausstellung „Stories from the Archive – Der Vordere Orient in Hamburg 1960-1990”, Hamburg, 12.-13. Dezember 2019 im FAKTOR, S. 14.

Mit der Organisation vor Ort in Hamburg wurde das Deutsche Orient Institut beauftragt. Insgesamt nahmen etwa 100 Personen mit vielfältigen beruflichen Hintergründen an dem Symposium teil. So fanden sich unter den Teilnehmer:innen Politiker:innen, Diplomat:innen, Wissenschaftler:innen und Journalist:innen.[10] HOPWOOD: Acts of the Hamburg Symposium, S. 325-334.

Übersicht der Vorträge des Symposiums (Staatsarchiv Hamburg, 131-1 II_6118, Az. 300.35-66, Bd. 1, Anhang 4)

Das Symposium war so strukturiert, dass an den fünf Konferenztagen jeweils zwei große Vorträge stattfanden, die in der Regel dasselbe Thema einmal aus arabischer Sicht und einmal aus europäischer Sicht beleuchteten. Den Redner:innen, die immer aus der entsprechenden Region kamen, war dazu immer ein:e Ko-Redner:in aus der anderen Region an die Seite gestellt, der:die im Anschluss an den Vortrag die Möglichkeit hatte auf das Gesagte zu antworten. Die Vorträge deckten Themen von recht großer Bandbreite ab. – So gab es unter anderem Vorträge mit den folgenden Titeln: „Die Haltung Westeuropas gegenüber der arabischen Zivilisation“, „Die Religion in der heutigen arabischen Welt: Die Bedeutung für den kulturellen Dialog mit Westeuropa“ und „Kulturwandel in der arabischen Welt: Die Diskussion über arabische Identität“.[11]Ebd., S. 3-5.

Neben diesen zehn Hauptvorträgen gab es insgesamt drei Workshops sowie ein umfassendes kulturelles Begleitprogramm. Das Begleitprogramm bestand aus einer Arabischen Filmwoche, einer Ausstellung von arabischer Kunst und islamischen Manuskripten im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe (MKG) sowie einigen arabischen Musikabenden, einer Ausstellung der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel über die Rezeption der arabischen Zivilisation in Europa und eine Ausstellung der im Buchhandel erhältlichen Publikationen über die arabische Welt.[12]Staatsarchiv Hamburg, 131-1 II_6118, Az. 300.35-66, Bd. 1, Anhang 4.

Programmflyer für das Kulturelle Rahmenprogramm (Staatsarchiv Hamburg, 131-1 II_6118, Az. 300.35-66, Bd. 1, Anhang 4)

Waren die Hauptvorträge alle eher theoretischer Natur, ging es bei den Workshops darum, sich zu in der Praxis relevanten Fragestellungen Gedanken zu machen und jeweils konkrete Empfehlungen an die Politik zu formulieren. Beispielsweise hatte der zweite Workshop „Soziale und kulturelle Konsequenzen der Migration von Arbeitern und Intellektuellen“ zum Thema. Hier wurde vor allem gefordert, dass die bereits 1978 in einer Deklaration des EAD geforderten sozialen Absicherungen für migrantische Arbeiter:innen in Europa durch konkrete Programme der europäischen Staaten auch tatsächlich realisiert werden. Dazu solle auch der EAD ein ständiges Komitee einrichten. In den beiden anderen Workshops wurde sich mit „Perspektiven für den kulturellen Austausch“ bzw. mit „Zusammenarbeit im Bereich der Lehre arabischer und europäischer Staaten“ auseinandergesetzt. Alle Forderungen blieben jedoch unverbindlich und gerieten nach dem Symposium schnell in Vergessenheit.[13]HOPWOOD: Acts of the Hamburg Symposium, S. 305-316. Auch insgesamt wurde der EAD nur sehr kurzfristig wiederbelebt und schlief nach dem Hamburger Symposium fast völlig ein.

Bewertung des Symposiums aus postkolonialer Sicht

Der nun folgende dritte Schritt dient dazu, das Symposium aus postkolonialer Perspektive zu evaluieren. Dies soll vornehmlich anhand von zwei Leitfragen geschehen: Erstens, inwiefern wurden mit dem Symposium koloniale Kontinuitäten reproduziert? Zweitens, inwiefern eignen sich Symposien dieser Art überhaupt zum Vorantreiben von Dekolonisation? Die beiden Fragen werden der Reihe nach adressiert.

Der Generalsekretär der Arabsichen Liga, Chedli Klibi, neben dem damaligen deutschen Außenminister Hans-Dietrich Genscher während des Symposiums 1983 in Hamburg
© Studio Hamburg Enterprises

Als interessanter Ausgangspunkt für die nachfolgende Diskussion der ersten Frage soll ein Zitat aus der Eröffnungsrede von Chedli Klibi, dem damaligen Generalsekretär der AL, dienen. Laut ihm gehörte es zwar damals bis vor kurzem „zum guten Ton, den Orient dem Occident gegenüberzustellen, Europa über seine Ufer auf dem alten Kontinent treten zu lassen und die Grenzen der orientalischen Welt im Rhythmus der Träume vom Exotischen schwanken zu lassen, […]“[14]Staatsarchiv Hamburg, 131-1 II_6118, Az. 300.35-66, Bd. 3., aber diese Vision habe sich überlebt und man sei nun entschlossener denn je einen „echten lebendigen Dialog des gemeinsamen Willens einzurichten und aufrecht zu halten, […]“[15]Ebd.. Aus diesem euphorischen Zitat lässt sich deutlich die Annahme Klibis herauslesen, dass koloniale Hierarchien bereits vollständig abgebaut seien und dass das Symposium somit nun ein tatsächlicher Dialog auf Augenhöhe sein könne. Im Folgenden gilt es also auch zu prüfen, ob das Symposium den Ansprüchen zumindest der arabischen Seite genügte.

Tatsächlich ist auf den ersten Blick ein Rückgang der Hierarchien erkennbar. Es fällt auf, dass versucht wird, an vielen Stellen Araber:innen die Möglichkeit einzuräumen, sich selbst zu präsentieren. Dahinter steht unverkennbar der Gedanke die pejorative Konstruktion des Orients im Westen durch die Konfrontation mit Facetten der dortigen materiellen Realität zu konfrontieren. Beispielhaft dafür ist, dass in der Ausstellung im MKG erstmals in der Geschichte des Museums die arabischen Manuskripte nicht als bloß künstlerisch wertvolle Artefakte dargestellt, sondern die Handschriften als inhaltsvolle Texte betrachtetet wurden.[16]Dies geht z.B. aus dem begleitenden Ausstellungskatalog „Das arabische Buch“ hervor: David JAMES: Das arabische Buch. Eine Ausstellung arabischer Handschriften der Chester Beatty Library, Dublin … Continue reading Weiterhin wurden während der Arabischen Filmwoche ausschließlich Produktionen von arabischen Regisseur:innen gezeigt. Auch dass die Hauptvorträge, die Themen mit Bezug zur arabischen Region behandelten, ausschließlich von arabischen Redner:innen gehalten wurden, ist in diesem Kontext zu sehen.

Auch wenn der Einfluss der postkolonialen Debatte an der Oberfläche also deutlich zu erkennen ist, blieben die dem Symposiums zugrundeliegenden, oftmals impliziten Vorannahmen, durch die der dort geschaffene Diskursraum begrenzt wurde, davon weitgehend unberührt. Am deutlichsten lässt sich dies an der das ganze Programm prägenden Dichotomie von europäischer und arabischer Region aufzeigen. Überall kommt die Annahme zum Vorschein, dass sich hier zwei grundsätzlich verschiedene und in sich homogene Kulturen gegenüberstehen. Dass Themen bei den Hauptvorträgen immer von arabischer und europäischer Seite aus besprochen wurden, legt nahe, dass diese Seiten stets verschieden sein können. Dass Themen nie aus zwei verschiedenen europäischen oder arabischen Perspektiven besprochen wurden, legt hingegen nahe, dass es solcherlei zwei Perspektiven nicht geben kann. Schon der Titel „Symposium über die Beziehungen beider Kulturen“ deutet an, dass die beiden Kulturen zwar nicht in Isolation bestehen müssen, aber doch immer scharf voneinander zu trennen sind. Das „Arabische“ und das „Europäische“ werden stets in Opposition zueinander gedacht und als von vorneherein – quasi natürlich – gegebene Kategorien angenommen.

 Laut einer der Kernthesen von Edward Saids für die koloniale Dekonstruktion grundlegendem 1978 erschienenen, viel beachteten Werk „Orientalism“ ist die Konstruktion genau solcher Kategorien jedoch wesentlicher Teil westlicher Kolonialherrschaft. Nach dieser These besteht der Orient – hier als „die arabische Region“ gelabelt – nur als hegemoniale Konstruktion des Westens. Diese Konstruktion des Orients als rückständig und irrational habe den Zweck eine Abgrenzungsfolie zu schaffen, mit der sich der Okzident – hier als „die europäische Region“ gelabelt – als fortschrittlich und rational konstruieren kann. Nach Said entspricht dies nicht der materiellen Realität und dient lediglich zur Beherrschung des Orients durch den Okzident. Entsprechend gelte es, die Dichotomie zwischen Orient und Okzident zu überwinden und ein komplexeres Bild der relevanten kulturellen Praktiken zu zeichnen.[17]Vgl. SAID: Orientalism, S. 4f. Genau dies wird jedoch durch die Vorannahmen auf dem Symposium unmöglich gemacht. Daher knüpft das gesamte Symposium stark an koloniale Kontinuitäten an und ist dementsprechend aus postkolonialer Perspektive als durchaus problematisch zu betrachten. Daher ist auch der von Klibi behauptete wahrhaftige Dialog auf Augenhöhe schwerlich möglich gewesen und das Symposium somit zumindest ein Stück weit auch an seinen eigenen Ansprüchen gescheitert.

Daran anknüpfend kann sich nun der zweiten Frage gewidmet werden, inwiefern Veranstaltungen dieser Art überhaupt im Sinne postkolonialistischer Programmatik erfolgreich sein können. Dabei ist vor allem darauf hinzuweisen, dass die im vorherigen Abschnitt kritisch behandelte Vorannahmen zu einem Gutteil schon durch den Zweck des EAD bestimmt sind. Zweck des EAD war nie eine Dekonstruktion des Orients im Sinne postkolonialer Programmatik, sondern wie im ersten Abschnitt ausführlich beschrieben vor allem die Stabilisierung der wirtschaftlichen Beziehungen. Der Fokus auf die Stabilität der wirtschaftlichen Beziehungen ist postkolonialen Projekten aus mehrerlei Gründen abträglich. Beispielweise geht es vor allem um die Stabilität der europäischen Wirtschaft. Diese hängt von der identitätsstiftenden Konstruktion eines Europas ab, welche wiederum – zumindest nach Said – von der Konstruktion der arabischen Welt abhängt. Damit ist die Dichotomie zwischen Orient und Okzident zumindest teilweise bereits in der Zielsetzung des EAD angelegt.

Weiterhin liefert die Geschichte des EAD ein anschauliches Beispiel dafür wie politische Interessen noch zur Verfestigung dieser Dichotomie beitragen können: Ursprünglich war geplant, dass alle am EAD beteiligten Staaten eigene Botschafter:innen für den Dialog benennen sollten. Im Zuge dessen bestanden die Vertreter:innen der AL darauf, dass auch die PLO Botschafter:innen entsenden dürfe. Da die Vertreter:innen der EWG jedoch nicht bereit waren, die PLO als Vertreterin der Palästinenser:innen anzuerkennen, die AL aber auch nicht von ihrer Forderung absehen wollte, wurde beschlossen, dass allgemein europäische bzw. arabischen Botschafter:innen ohne konkreten Bezug zu ihre Herkunftsstaaten entsendet werden.[18]TAYLOR: „The Euro-Arab Dialogue“, S. 432. Anstatt also verschiedene nationalstaatliche Interessen zu berücksichtigen, wurde die beiden beteiligten Parteien homogenisiert und so die Dichotomie zwischen Orient und Okzident weiter verfestigt.

Somit lässt sich abschließend sagen, dass das Hamburger Symposium weder frei von kolonialen Kontinuitäten war noch, dass es überhaupt ein wirklich geeigneter Raum gewesen wäre solche kolonialen Kontinuitäten abzubauen.


Literatur

Begleitheft zur Ausstellung „Stories from the Archive – Der Vordere Orient in Hamburg 1960-1990”, Hamburg, 12.-13. Dezember 2019 im FAKTOR.

ALBINYANA, Roger und Fátima FERNÁNDEZ: „From the Euro-Arab Dialogue to a Euro-Arab Summit: Revamping the EU-Arab Partnership”, in: IEMed Mediterranean Yearbook, Barcelona 2018, S. 255-259.

HAASE, Claus-Peter (1986): „Der dritte Divan Sultan Süleymans des Prächtigen. Eine Handschrift aus dem Istanbuler Hofatelier“, Jahrbuch des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg Bd. 5, S. 27-39.

HOPWOOD, Derek (Hrsg.): Euro-Arab Dialogue: The Relations Between the Two Cultures – Acts of the Hamburg Symposium April 11th to 15th 1983, London 1985.

PAINTER, David S. (2014): „Oil and Geopolitics: The Oil Crises of the 1970s and the Cold War”, Historical Social Research, 39(4), 186-208.

RIVIÈRE, Françoise, Georges KUTUKDIJAN und John CORBETT (Hrsg.): UNESCO World Report: Investing in Cultural Diversity and Intercultural Dialogue, 2009.

Staatsarchiv Hamburg, 131-1 II_6118 Senatsempfang aus Anlass des Europäisch-Arabischen Symposiums über die Begegnung beider Kulturen am 11.04.1983, 1981-1983, Az. 300.35-66.

Staatsarchiv Hamburg, 363-6_182 Europäisch-arabischer Dialog, 1975-1983, Az. 0-042.20/1.

SAID, Edward W.: Orientalism, London 1978.

TAYLOR, Alan R. (1978): „The Euro-Arab Dialogue: Quest for an Interregional Partnership“, Middle East Journal, 32(4), 429-443.

Einzelnachweise[+]