One Foot in the Past, One in the Future: Young Investigators and the Tradition of Middle Eastern Studies in Hamburg
Die Idee
One Foot in the Past, One in the Future: Young Investigators and the Tradition of Middle Eastern Studies in Hamburg war ein Lehrforschungsprojekt der Hamburger Islamwissenschaft. Von April 2019 bis März 2020 erforschten Studierende der Iranistik, Islamwissenschaft und Turkologie die Geschichte der [Islam- und Nahostudien] in Hamburg. Dabei ging es nicht nur um die Vergangenheit. Wie im Namen des Projeks angedeutet, machten wir auch „einen Schritt in die Zukunft“: Als junge Forschende sind die Studierenden von heute diejenigen, die in Zukunft Forschung und Lehre gestalten werden. Dieses Projekt ist aus der Überzeugung entstanden, dass es dafür eine kritische Reflexion darüber braucht, wie in unserer Disziplin Wissen generiert wird. Unter der Leitung von [Jun-Prof.] Dr. Serena Tolino beschäftigten sich Studierende mit Theorie und Methoden der Postkolonialen Studien sowie der Memory Studies und rekonstruierten vor diesem Hintergrund die neuere Geschichte ihres Fachbereichs. Ihre Untersuchungen fokussierten auf die 1960-er bis 90er-Jahre und stützen sich auf die Recherche in verschiedenen Archiven in Hamburg und Rom sowie auf Interviews mit Zeitzeug:innen der Universität Hamburg.
Die Idee war 2018 in Zusammenarbeit mit Studierenden entwickelt worden und wurde im November 2018 mit dem Sonderpreis zum 100. Jubiläum der Universität Hamburg 2019 des Claussen-Simon-Wettbewerbs für Hochschulen ausgezeichnet.
Die Projektarbeit
Im Zuge unseres Projekts haben sich Studierende in fünf verschiedenen Seminaren und durch vielfältige Zugänge mit der Fachgeschichte ihrer Abteilung befasst. In der ersten Projketphase standen uns verschiedene Expert:innen mit Gastvorträgen zur Seite: Bei einer Auftaktveranstaltung gab Dr. phil. h.c. Eckart Krause (Arbeitsstelle für Universitätsgeschichte, UHH) eine Einführung in die Geschichte der Hamburger Universität und Prof. Dr. Ludwig Paul (Asien-Afrika-Institut, UHH) in die der Orientalistik. Im Projektseminar gab Dr. Achim Rohde (Freie Universität Berlin) eine Einführung in die Geschichte der Hamburger Orientalistik mit einem Schwerpunkt auf der NS-Geschichte, Anne Moll erläuterte im Rahmes von Prof. Dr. Thomas Eichs BA-Seminars ihre Forschungen über den ehemaligen Lehrstuhlinhaber Berthold Spuler.
Schließlich haben die Teilnehmenden in gemischten Gruppen aus BA- und MA-Studierenden selbst ihre Forschungen aufgenommen: in Hamburg in den Archiven der Universität, des Museums für Kunst und Gewerbe (MKG), sowie im Staatsarchiv. Bei einer Exkursion nach Rom in den Archiven des Istituto per l’Oriente Carlo Alfonso Nallino und des Istituto Affari Internazionali (IAI). Daneben folgten Lisa Adolf und Mara Hildebrand den Ansätzen der Oral History und interviewten ehemalige Mitarbeitende des Fachbereichs Vorderer Orient und der Universität Hamburg: Werner Ende, Irene Dulz, Jürgen Paul, Schirin Fathi, Gudrun Krämer, Claus-Peter Haase, Verena Klemm, Ulrike Mitter, Peter Fischer-Appelt und Ursula Günther teilten mit uns ihre Erinnerungen.
Bei den Recherchen zeigte sich immer wieder, wie divers in der Abteilung Vorderer Orient gearbeitet wurde, so begegneten wir so unterschiedlichen Forschungsgebieten wie Kunstgeschichte, Literaturforschung, Manuskriptforschung, Islamischem Recht oder der Darstellung des Islam in der Gegenwart in Deutschland.
Höhepunkt des Projekts war die Zwischenpräsentation der Rechercheergebnisse in der studentischen Ausstellung Stories from the Archive im Dezember 2019.
Parallel zu unseren Projektrecherchen entstand im Rahmen der Reihe „Kleine Fächer“ ein „Sidekick-Projekt“ in Zusammenarbeit mit dem Leiter der islamischen Sammlung des MKG, Tobias Mörike. Zusammen mit Prof. Dr. Thomas Eich, Min-Dju Jansen und Laura Rowitz entstand eine „Ausstellungsintervention“, die einen Teil unserer Rechercheergebnisse präsentierte und von Februar bis Mai in der Islamischen Sammlung des Museums gezeigt wurde.
Der Blog
Dieser Blog dokumentiert die Arbeit der Studierenden, die diese „Stories from the Archive“ ans Licht brachten: Lisa Adolf, Nikolai Ballast, Helena Berchtold, Timur Güntemur, Mara Hildebrand, Maximilian Kalkreuth, Lauan al-Khazail, Jiear Mohedien, Marcus Penther, Selina Rabe, Lovisa Schau, Bele Schweim-Günther, Roman Shtefura, Mattea Weihe und Esther Yen.
Ausstellungen sind nur temporär und die begrenzten Kapazitäten unseres Projekts erlaubten es uns nicht, in jede Richtung weiterzuforschen. So bedauern wir es, nicht noch mehr Akten wälzen und Zeitzeug:innen befragen zu können. Wir hoffen, die Lektüre inspiriert andere, weitere Fragen an die Tradition ihres Faches zu stellen uns ihnen nachzugehen.
Dieser Blog entstand in Zusammenarbeit mit Ole Herbold vom E-Learning-Büro der Geisteswissenschaftlichen Fakultät, dem wir herzlich für seine Geduld danken.
Zu den Beiträgen
// Recherche //
Orientalismus in der Geschichte der Universität Hamburg von Bele Schweim-Günther
Eingreifen oder Abtun? Wie sollte die Islamwissenschaft mit selbsternannten „Nahostexperten“ umgehen? von Lovisa Schau
Der Europäisch-Arabische Dialog in Hamburg von Maximilian Kalkreuth
Dem Orchideenfach Iranistik fehlen manche Blüten von Lisa Adolf
Versuch einer postkolonialen Perspektive auf das Symposium des Euro-Arabischen Dialogs 1983 in Hamburg von Nikolai Ballast
From Venice to Rome to Hamburg: Following the Middle East in Europe in the 1980s by Serena Tolino
Orientalistik, Nationalsozialismus und Vergangenheitsbewältigung: Die Kontroverse um Bertold Spuler an der Universität Hamburg von Marcus Penther
// Stories from the Archive //
Ausstellung: Stories from the Archive – Der Vordere Orient in Hamburg: 1960er- bis 1990er-Jahre von Laura Rowitz